News

portrais

 Die internationale Fünf-Sterne-Richterin Katrina Wüst und ihr persönliches Zwischen-Fazit zum Weltcup-Grand Prix…

Bedauern und Aufatmen in Neumünster – einerseits wurde das Turnier für dieses Jahr abgesagt, andererseits wird die Weltcup-Dressur durchgeführt. Somit ist das Traditionsturnier Neumünster in diesem Jahr Weltcup-Station Nummer fünf von sieben und auch in den Holstenhallen wird der Weltcup-Kurz-Grand Prix geritten. Dressursport-deutschland.de im Gespräch mit Katrina Wüst:

dressursport-deutschland.de: Seit vielen Jahren kommen immer wieder verkürzte Dressuraufgaben zur Diskussion. Verkürzte Grand Prix-Aufgaben wurden schon getestet, eingeführt, wieder gestrichen. Für die Weltcup-Saison 2021-2022 wurde erneut ein verkürzter Grand Prix eingeführt. Die Aufgabe wurde von Ihnen entwickelt. Jetzt ist ungefähr Halbzeit in der Weltcup-Saison – wie würden Sie Ihre bisherigen Erfahrungen mit der neuen Aufgabe beschreiben?
Katrina Wüst: Ich habe die Aufgabe inzwischen selbst ein paar Mal gerichtet und kann sagen: Zu richten ist dieser Kurz-Grand Prix gut. Die Aufgabe ist rund zwei Minuten kürzer als der lange Grand Prix, dennoch sind alle Bestandteile des Grand Prix enthalten, aber natürlich in komprimierter Form. Und ich bin sehr froh, dass das Rückwärtsrichten drin geblieben ist, das war mir sehr wichtig.

dressursport-deutschland.de: Haben Sie beim Richten beobachtet, dass Pferden und Reitern eine Stelle des Kurz-Grand Prix besondere Schwierigkeiten bereitet?
Katrina Wüst: Das ist schwierig zu sagen. Das ist auch von Pferd zu Pferd verschieden. Die Schritt-Tour ist etwas kürzer, so dass die Pferde wirklich direkt aus der Passage in den starken Schritt loslassen müssen, aber das sollten sie im langen Grand Prix auch. Die größte technische Schwierigkeit in diesem Kurz-Grand Prix ist sicher die Mittellinie mit den beiden Pirouetten und den elf Einerwechseln dazwischen. Ein Problem sehe ich darin, dass alles so direkt aufeinanderfolgt und die langen Linien fehlen, die Pferde nicht mal kurz zum Abspannen kommen. Manchen Pferden macht das nichts aus, für die unerfahreneren ist es sicher schwierig. Eins ist natürlich klar: Dadurch, dass wir im Kurz-Grand Prix weniger Lektionen haben, einen starken Trab statt drei zum Beispiel, gibt es am Ende weniger Einzelnoten. Damit wiegt jede Einzelnote etwas schwerer und auch jeder Fehler.

dressursport-deutschland.de: Es gibt Stimmen, die mit dem Kurz-Grand Prix gut zurechtkommen, aber auch einige, die sich den langen Grand Prix im Weltcup zurückwünschen. Ausgewählt wurde Ihr Grand Prix damals aber auch auf recht breiter Basis…
Katrina Wüst: Im Frühjahr 2020 haben sich Vertreter der FEI, Richter, Funktionäre und auch einige in- und ausländische Reitervertreter in Warendorf versammelt. Die FEI hatte damals eine Ausschreibung für eine Kurzversion des Grand Prix gemacht, fünf Versionen wurden inklusive meiner Version, eingereicht. Alle eingereichten Kurz-Grand Prix wurden von guten Reitern in Warendorf präsentiert, dann besprochen und abgestimmt. Am Ende wurde meine Version ausgewählt.

dressursport-deutschland.de: Den Auslöser für diese erneute Suche nach einem kürzeren Grand Prix kam nicht zuletzt durch das Weltcup-Turnier in London im Dezember 2019?
Katrina Wüst: Ja, in London wurde damals ein Kurz-Grand Prix in der Weltcup-Tour geritten, der von nahezu allen abgelehnt wurde. Deshalb wollte man eine andere Version. Vorgabe von der FEI war, dass die Aufgabe nur 4,5 Minuten dauern dürfe. Die eingesparte Zeit wollte man dafür nutzen – so wie es auch in London gemacht worden ist – die Dressur attraktiver zu präsentieren: durch Interviews mit den Reitern beispielsweise. Die Idee finde ich grundsätzlich immer noch gut…

dressursport-deutschland.de: Aber?
Katrina Wüst: Naja, es wird leider nicht so gehandhabt. Die Absprache zwischen Aktiven und der FEI war damals: Es wird ein kürzerer Grand Prix geritten, dafür bekommen die Reiter bessere Übertragungszeiten im Fernsehen, eine attraktivere Bühne und mehr Preisgelder. Das ist leider nicht passiert.

dressursport-deutschland.de: Was also ist Ihr Zwischen-Fazit inmitten der Weltcup-Saison?
Katrina Wüst: Die Aufgabe des Weltcup-Kurz-Grand Prix ist unproblematisch zu richten und auch die meisten Pferde machen nicht mehr technische Fehler als früher, aber der Kernpunkt zur Verkürzung des Grand Prix war, dass die ‚gesparte‘ Zeit für die attraktivere Präsentation des Dressursports genutzt wird. Das passiert aktuell nicht, das würde ich mir dringend wünschen, wenn man schon eine Kurzfassung möchte – denn von der reinen Zeit her macht das Einsparen von etwa einer halben Stunde auf den meisten Turnieren keinen Sinn. Ich persönlich gucke mir einen gut gerittenen langen Grand Prix auch lieber an als den verkürzten.

Wir benutzen Cookies

Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell für den Betrieb der Seite, während andere uns helfen, diese Website und die Nutzererfahrung zu verbessern (Tracking Cookies). Sie können selbst entscheiden, ob Sie die Cookies zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen.