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Das dressursport-deutschland-Interview mit Co-Bundestrainer Jonny Hilberath zu Perspektiven, Sorgen und falschen Diskussionen…

 

dressursport-deutschland.de: Ihr Ausblick auf 2023, vielleicht sogar schon 2024 – wie sieht der aus?

Jonny Hilberath: Ich persönlich blicke positiv und guter Dinge auf 2023, weil gerade der Herbst und die letzten Turniere gezeigt haben, dass unsere Championatspferde von Herning alle noch mal einen Schritt nach vorne gemacht haben. Das ist schon mal ein gutes Fundament. Und dann haben wir natürlich eine Jessica von Bredow-Werndl und eine Dalera, die uns in diesem Jahr wieder zur Verfügung stehen, und wir haben auch ein paar neue Pferde, die jetzt heranreifen – vielleicht sind sie noch zu jung für ein Championat in diesem Jahr, aber sie haben sehr viel Grundqualität und Perspektive. Insofern schaue ich entspannt auf 2023 und freudig gespannt auf das Jahr 2024, weil ich glaube, dass wir da sehr gut aufgestellt sind.

 

dressursport-deutschland.de: Gibt es etwas, das Ihnen mit Blick auf die Zukunft Sorgen macht?

Jonny Hilberath: Naja, Sorgen oder besser Gedanken macht man sich immer um Verletzungspech, das jeden jederzeit ereilen kann. Gesunde Pferde sind die Grundvoraussetzung, dafür muss man so gut es geht Sorge tragen und klug und behutsam mit seinem Pferd umgehen. Darauf achten die Reiter, aber natürlich auch wir Trainer.

 

dressursport-deutschland.de: Sie sind Trainer mit Leib und Seele – hat sich am Training in den letzten Jahren etwas verändert?

Jonny Hilberath: Wir kriegen immer bessere Pferde. Die Kombination von Gebäude und Grundgangarten verbessert sich immer mehr. Natürlich muss auch das Pferd mit den besten Qualitäten richtig ausgebildet werden, aber man muss sich bewusst machen: Wir haben heute ein ‚Material‘ unter dem Sattel, was es so noch nie gab. Das gibt dem ein oder anderen Reiter und auch mir im Training manchmal einen etwas anderen Ansatz. Auf diese noch sensibleren Pferden muss man das Reiten und Trainieren einstellen. Das ist eigentlich genau das, was jeder Reiter möchte. Es erfüllen sich Träume und Wünsche in den letzten Jahren. Was wir bei der WM in Herning und auch auf anderen größeren Turnieren an Pferden sehen, das sind hübsche Pferde mit guten Qualitäten, die sich gut tragen und das Technische wird in der breiten Masse immer ausgefeilter und sicherer. Man sieht kaum noch Pferde, die offensichtliche Lektionsschwächen haben. Das ist natürlich etwas, was mich als Ausbilder positiv und freudig stimmt. Und das ist nicht nur auf unsere deutschen Reiter bezogen, das spiegelt sich auch international wider.

 

dressursport-deutschland.de: Was sagen Sie zur aktuellen Diskussion um die Wahlfreiheit Kandare oder Trense im Grand Prix-Sport?

Jonny Hilberath: Mich beschäftigt ununterbrochen, dass die Kandare als Zwangmittel dargestellt wird. Dieses Thema hat eine völlig verkehrte Überschrift. Es geht um ‚Welfare of the Horse‘ – das ist eigentlich die Diskussion Trense oder Kandare. Es spricht eigentlich nichts gegen die Wahl von Kandare oder Trense, aber solange die Kandare als ‚Martermaterial‘ gesehen wird, ist der Kontext schlicht falsch. Viele würden gerne die Wahl haben, aber es geht ja gar nicht um das Wohl des Pferdes, um den Gedanken, dass sich das Pferd mit Trense oder Kandare wohler fühlt. Sondern die Diskussion geht um die Schärfe der Zäumung.

Und man kann sich ausmalen, wie derjenige, der in einem Feld von 15 Reitern zu den drei oder vier gehört, die auf Kandare reiten, gesehen wird. Das finde ich schade. Das müssen wir besser diskutieren. Es muss klar sein, dass das Reiten auf Kandare eine Vervollkommnung der Reiterei und der Selbsthaltung des Pferdes bedeutet. Das Reiten auf Kandare steht unter einem völlig verkehrten Licht im Moment. Es geht nicht um ‚Welfare of the Horse‘ oder sportliche Relevanz, es geht um die Außendarstellung.

"…wenn der, der auf Trense reitet, der Gute ist, und der, der mit Kandare reitet, der Schlechte, dann ist das ein ganz verkehrter Ansatz."

Wenn man als Richter genau hinschaut, ist das Reiten auf Kandare ein Prüfstein und setzt einen ganz ausbalancierten von der Hand unabhängigen Sitz voraus. Es setzt voraus, dass man als Sportler eine ganz hohe Reife hat. Es geht nicht darum, dass wir nie eine Prüfung auf Trense reiten wollen, aber wenn der, der auf Trense reitet, der Gute ist, und der, der mit Kandare reitet, der Schlechte, dann ist das ein ganz verkehrter Ansatz.

 

 

 

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