Geb.: 21. Juli 1969
Wohnort: Rheinberg
Beruf: Juristin, Profireiterin und -ausbilderin
„Ich kann ein wahrer Heißsporn sein, aber ich habe gelernt, über einige Dinge erst einmal eine Nacht zu schlafen und nicht gleich wie ein HB-Männchen in die Luft zu gehen.“
„Ich liebe den Erfolg, aber die Pferde sind mein Leben!“ Das ist das Bekenntnis der sechsmaligen Olympiasiegerin im Dressurreiten: Isabell Werth. Sie reitet seit über 25 Jahren an der Weltspitze, sie ist Geschäftsfrau der besonderen Art mit eigenem Reitbetrieb und eigener Modemarke, sie hat ein Kinderbuch geschrieben und als Juristin und Model gearbeitet.
„Pferde haben in meinem Leben immer die Hauptrolle gespielt“, erklärt Werth. „Schon während der Grundschule. Die meisten Erinnerungen, die ich aus der Zeit habe, sind die mit meinem Pony Funny.“ Erst steuerte sie als kleines Mädchen auf Ponys über die Wiesen und Weiden des elterlichen Betriebs in Rheinberg, dann stieg sie um auf Großpferde und wurde mit 18 Jahren von Top-Ausbilder Dr. Uwe Schulten-Baumer entdeckt. Vier Jahre später wurde sie Deutsche- und Europameisterin. Seitdem hat Isabell Werth Medaillen bei Olympischen Spielen, Welt- und Europameisterschaften gesammelt. Dr. Uwe Schulten-Baumer war es, der Isabell Werth den Weg in den großen Sport zeigte, mit seiner Hilfe ist sie an die Weltspitze geritten und er war es, der ihr beibrachte, wie man Pferde zu erfolgreichen Grand Prix-Sportlern macht.
Trotzdem hat die Energiegeladene durchaus auch Tiefpunkte erlebt. Zum Beispiel nach den Olympischen Spielen 2000 in Sydney. Damals wurde ihr Toppferd Gigolo mit 17 Jahren aus dem Sport verabschiedet. Die Welt kannte Isabell Werth strahlend, aber im November 2000 flossen die Tränen in Strömen – bei der offiziellen Verabschiedung von Gigolo. Es war einer der emotionalsten Momente der Dressurgeschichte.
Ihr Nachwuchspferd für die Zeit nach Gigolo hieß Satchmo. Der braune Sao Paulo-Sohn stellte Isabell vor enorme Herausforderungen. Satchmo war das lebende Beispiel für die Gratwanderung zwischen Genie und Wahn: In einer Prüfung war er unschlagbar, am nächsten Tag aber drehte er nervlich durch, rannte rückwärts oder kehrte mitten in der Prüfung um. „Es gab Zeiten, in denen ich nicht mehr weiter wusste“, gesteht Isabell Werth heute. 2005 wurde Satchmo an den Augen operiert. Ein Augenproblem hatte ihn immer wieder durcheinander gebracht. Danach haben die Weltklassereiterin und das Weltklassepferd endgültig zueinander gefunden. 2006 wurden sie Doppel-Weltmeister in Aachen. „Es gibt kein Pferd, über das ich so viel nachgedacht habe, wie über Satchmo“, erklärt Isabell Werth. „Wir haben dadurch eine ganz besondere Beziehung und ich habe durch ihn auch Demut gelernt.“ In der Zeit mit Satchmo waren zwei Leute für sie von besonderer Bedeutung: Madeleine Winter-Schulze, mit der sie seit 2002 eine sehr enge geschäftliche, aber vor allem auch freundschaftliche, inzwischen familiäre Beziehung verbindet, und Wolfram Wittig, mit dem sie von 2002 bis 2010 trainiert hat.
Im November 2011 hat sie auch diesen Star in Rente geschickt und wieder flossen Tränen. „Es ist ein schwieriger Augenblick für mich mit viel Wehmut und Emotionen, aber letztlich mit Überzeugung. Man soll ja manchmal aufhören, wenn es am schönsten ist. Ich würde es auch ehrlich gesagt nicht ertragen, wenn er als Fünfter irgendwo durchgereicht würde.“ Die nächsten Stars scharren schon mit den Hufen: El Santo, der sich bereits bei der EM 2011 in Rotterdam bewiesen hat und Don Johnson, frech und bewegungs-gewaltig, der zum Gold-Team bei der EM 2013 im dänischen Herning gehörte. Viele vielversprechende Youngster und dann war da noch Warum Nicht, mit dem Isabell Werth zum WM-Team in Kentucky gehörte und mit dem sie 2007 beim Weltcup-Finale in Las Vegas siegte. Und dann kam Bella Rose! "Sie ist das beste Pferd, das ich je hatte!" So schwärmt Isabell Werth von der hochelegnaten Fuchsstute. Mit ihr gehört sie zum Team bei den Weltreiterspielen 2014 in Caen und liefert mit über 81 Prozent das beste deutsche Resultat. "Bella Rose war heute in dem Stadion eine sehr souveräne Diva!" Es ist das vierte WM-Teamgold für Isabell Werth. Wegen einer Hufverletzung musste Werth dann allerdings auf einen Start im Special verzichten. Bella Rose wäre auch ihre erste Wahl für die EM in Aachen 2015 gewesen, aber sie war nach einer erneuten Verletzung noch nicht wieder voll im Training und Werth ging auf Nummer Vorsicht, ließ der Stute alle Zeit zum Auskurieren und sattelte Don Johnson in Aachen. Etwas enttäauschend gab es nur Bronze mit dem Team, aber in der Kür wuchs 'Johnny' über sich hinaus: "Wer mir vorher gesagt hätte, dass ich in Aachen mit Don Johnson in Medaillennähe reite, ich hätte es nicht geglaubt", strahlte Werth. "Jetzt ist es knapp Platz vier geworden. Aber ich bin super stolz auf Johnny."
2016 – das olympische Jahr begann frustrierend für Isabell Werth. Schon zu Beginn musste sie verkünden, dass weder Bella Rose noch Don Johnson gesundheitlich fit genug sind, um in Richtung Olympische Spiele zu starten. Aber Werth hatte zwei weitere Kandidaten im Ärmel: Emilio und Weihegold OLD. Der Ehrentusch-Sohn war im olympischen Rio-Jahr erst zehn und ließ am Ende der Dame den Vortritt. Weihegold hatte bereits unter Werths Bereiterin Beatrice Buchwald das Finale des Nürnberger Burg-Pokals und des Louisdor-Preises gewonnen. Werth hatte die Stute dann mit großem Erfolg auf einigen Weltcup-Turnieren geritten. In Rio wuchsen die beiden über sich hinaus, gewannen mit ihrem Team Mannschaftsgold und die Silbermedaille in der Einzelwertung.
2017 – Emilio wächst über sich hinaus. Bei den Deutschen Meisterschaften in Balve sichert sich Isabell Werth mit dem elfjährigen Emilio ihre nationalen Titel 13 und 14 in Grand Prix Special und Kür. Die Kür wurde mit fast 90 Prozent bewertet und Chefrichterin Katrina Wüst schwärmte: "Das war eine der besten Küren, die ich je gesehen habe." Und es kam noch besser: Mit Weihegold gehörte Werth zum EM-Team in Göteborg, mit dreimal Gold kam das Paar nach Hause. Es waren Werths EM-Goldmedaillen Nummer 15, 16 und 17! Den Einzeltitel sicherte sie sich zum sechsten (im Special) und siebten (in der Kür) Mal.
Trotz aller Euphorie für den Reitsport war der Blick über den „Pferde-Tellerrand“ hinaus für Isabell Werth immer wichtig. Sie interessiert sich für Wirtschaft und Politik, genießt Gespräche mit Leuten, die nichts mit Pferden zu tun haben, und verlässt sich auch beruflich nicht nur auf die Pferde. Nebenher hat sie bereits ein Kinderbuch geschrieben: ‚Lottchen und Lea’. „Gerade wenn es einem nicht gut geht, erweist sich ein Pferd als echter Freund. Das spiegelt sich in der Geschichte von Lottchen und Lea wider“, erzählt sie. Zudem hat sie ihre eigene Modelinie ins Leben gerufen. Seit 2003 ist die Reitsport-Kollektion IW auf dem Markt. „In meiner Kollektion geht es auch um schöne Farben und elegante Schnitte, aber vor allem um Funktionalität. Ich weiß aus eigener Erfahrung, dass man besser reitet, wenn man sich in den Klamotten wohl fühlt.“ Einige Jahre wird es ruhig um die Marke IW, aber 2016 startet sie mit durchschlagendem Erfolg und neuem Team voll durch. Erste Ausflüge in die Welt der Mode hatte Isabell Werth schon einige Jahre zuvor gemacht – als Model für Fotostrecken, beispielsweise von Jil Sander. Später hat sie für die Modemarke Yorn gemodelt, von der sie jahrelang gesponsert wurde. Nun steht sie für ihre eigene Marke vor der Kamera.
Am 30. Oktober 2009 veränderte sich die Welt von Isabell Werth schlagartig: Ihr Sohn Frederik wurde geboren. Vater von Frederik ist der ehemalige Metro-Karstadt-Quelle-Manager Wolfgang Urban. „Auf einmal Verantwortung für so einen kleinen Menschen zu haben, ist eine enorme Weiterentwicklung. Das verschiebt Prioritäten.“ Fast auf jedem Turnier begleitet Frederik seine Mutter und ist ihr ganz persönlicher Glücksbringer.
Wenn sie von den Pferden, dem Turnierzirkus, dem spannenden, aber anstrengenden Alltag mal abschalten will, geht sie nun am liebsten mit Sohnemann Frederik, ihrem Neffen und ihrer Nichte „eine Runde auf den Sportplatz zum Kicken oder auf den Spielplatz“. Und abends gilt für sie ganz klar: „Ohne Krimi geht die Mimi nicht ins Bett – ich auch nicht!“