Geb..: 17. Februar 1969
Wohnort: Framersheim
Beruf: Pferdewirtschaftsmeisterin Reiten, Zucht und Haltung, Besamungswartin
„Für mich gibt es nichts Schöneres, als ein Pferd reell vom Einreiten bis zur schweren Klasse oder sogar zum Grand Prix auszubilden.“
„Ich bin ein etwas stillerer, aber lebenslustiger Mensch, der sehr pflichtbewusst und selbstkritisch durch die Welt geht.“ Fast meint man, all das spiegelt sich auch in Doro Schneiders Reiterei wieder: die ruhige konzentrierte Art, die durchgymnastizierten Pferde, denen die Arbeit sichtlich Spaß macht, die immer wieder kritischen Selbstbetrachtungen nach den Ritten.
Ein Hauch Perfektionismus umgibt die Profiausbilderin, auch wenn sie erzählt: „Ich arbeite auch mit einem Persönlichkeitstrainer zusammen. Ich denke, das macht im Spitzensport Sinn, andere Sportarten sind diesbezüglich schon viel weiter als wir beim Dressurreiten. Dorothee Schneider ist in Wiesbaden aufgewachsen. Ihre Eltern Hans-Eberhard und Susanne Schneider leiteten die Staatsdomäne Mechtildshausen als Landwirtschaftsbetrieb mit Pferdehaltung und -zucht. „So lange ich denken kann, hatten wir Pferde zu Hause“, erklärt Dorothee Schneider. Anfang der Achtziger wollte Hessens neue Landesregierung die Domäne für neue Zwecke nutzen und Schneiders suchten eine neue Bleibe, im rheinland-pfälzischen Framersheim fanden sie sie. Heute leitet Dorothee Schneider den Betrieb mit etwa 60 Pferden, seit 2000 ist sie alleinige Inhaberin.
Eigentlich wollte ‚Doro’, wie sie überall genannt wird, Tiermedizin studieren, aber just als es so weit gewesen wäre, stand der Neubeginn in Framersheim an und in dem Familienbetrieb wurde jede Hand gebraucht. „Also habe ich auf das Studium verzichtet und erst einmal eine Banklehre gemacht“, erzählt Doro Schneider. „Das Wissen kann ich auch heute noch gut gebrauchen.“ Den Pferdewirt Zucht und Haltung hat sie im elterlichen Betrieb absolviert, die Meisterprüfung folgte. Die Prüfung zum Bereiter hat sie über den Seiteneinstieg geschafft –¬ mit Auszeichnung – und auch in diesem Bereich hat sie noch eine Meisterprüfung absolviert. Fast nebenher hat sie noch den Besamungswart gemacht. Profi durch und durch. „Es gibt nicht viele Betriebe in Deutschland, bei denen eine Besamungsstation vorhanden ist und zugleich eine gute Ausbildung geboten wird“, erklärt sie. „Wir haben dadurch einen ganz guten Testosteron-Überschuss bei uns im Stall“, erklärt sie und lacht. „Aber wir hatten schon immer viele Hengste und ich glaube, ich kann mich ziemlich gut in die Herren hineindenken.“ Ob sie heute manchmal mit Bedauern daran denkt, dass das mit dem Tiermedizin-Studium nicht geklappt hat? „Da schlagen zwei Herzen in meiner Brust“, gesteht sie. „Einerseits bedauere ich es, weil das mein Wunschberuf in Kombination mit Reiten gewesen wäre. Andererseits wäre ich reiterlich dann nie so weit gekommen. Insofern war das für mich so genau der richtige Weg.“
Von klein auf hat Dorothee Schneider voltigiert. „Bei den Kürübungen war ich immer ganz oben, weil ich die Kleinste und Leichteste war.“ Das erste Pferd, mit dem sie ihre reiterliche Laufbahn begann, war eine klein gebliebene Zwillingsstute mit Namen Gondola v. Ibikus – selbstgezogen von Vater Schneider. „Auf ihr saß ich dann immer in meinen roten Straßenstiefeln mit Reißverschluss – daran kann ich mich genau erinnern“, lacht Schneider. Ihre Ausbildung hat Doro Schneider lange Jahre von ihrem Vater bekommen, aber nur sporadisch und erkämpft. „Meine Eltern haben mir nie Druck gemacht, eher im Gegenteil. Ich habe immer viel alleine gemacht, nach dem Motto ‚Learning by doing’, und musste mir den gelegentlichen Unterricht bei meinem Vater wirklich erkämpfen. Und ich habe mir immer viel bei anderen Reitern abgeguckt.“ Hans-Eberhard Schneider ritt selbst bis Intermediaire-Niveau, war Grand Prix-Richter und leidenschaftlicher Trakehner-Züchter. Nach der Gondola kam Protegé, ein Trakehner-Schimmelwallach. Protegé hatte sich ein Bein gebrochen, Vater Schneider hat ihn wieder aufgepäppelt, dann kam er zu Doro. Mit ihm ist sie achtjährig in ihrer ersten Reiterprüfung an den Start gegangen, bis zur Klasse M haben sich die beiden hochgearbeitet. Danach kam Katapult von dem Trakehner Kastilio, wieder ein eigenes Zuchtprodukt der Familie. Auf Katapult wurde Doro Schneider Hessenmeisterin der Junioren und in den Hessenkader aufgenommen. „Ich habe eigentlich immer Selbstgezogene geritten“, erklärt Schneider. „Wenn man dann Erfolg hat, ist das natürlich noch toller.“
Van Deyk – den Namen verbindet man unwillkürlich sofort mit Dorothee Schneider. Mit dem Trakehnerhengst gelang Doro Schneider der erste Durchbruch. Mit ihm ritt sie ihren ersten Grand Prix. „Sechsjährig war van Deyk auf dem Bundeschampionat, siebenjährig ist er seine erste S-Dressur gegangen.“ Damals trainierte Schneider mit dem Leiter der Deutschen Reitschule in Warendorf, Ralph Rash. „Van Deyk hat viel Blut. Auf ihm habe ich Erfahrung gesammelt, wie man mit sensiblen Pferden umgeht.“ Im olympischen Londonjahr 2012 ist van Deyk stolze 28 Jahre und genießt seine Rente in Framersheim, während Doro Schneider auf einem seiner gekörten Söhne, Kaiserkult, den Sprung in den B-Kader geschafft hat. „Kaiserkult war für mich immer etwas Besonderes – schon allein, weil er von meinem ersten Grand Prix-Pferd abstammt, hängt ein riesiger Teil meines Herzens an ihm.“ Mit Bundeschampion, Nürnberger Burg-Pokal-Sieger und Grand Prix-Erfolgspferd Kaiserkult, mit Forward Looking, Whizzkid, Nachwuchsstar und WM-Bronzegewinner St. Emilion, sind nur einige Pferde in ihrem Beritt genannt. Nie war die rheinland-pfälzische Ausbilderin, die für Hessen startet, so gut beritten! Highlight ihrer bisherigen Karriere war die Teilnahme an den Olympischen Spielen 2012 in London auf der Rappstute Diva Royal, die ihr eigens dafür von Stella und Katharina Roth zur Verfügung gestellt wurde. 'Doro und Diva' trugen maßgeblich zu Mannschaftssilber bei und beendeten die Kür als Siebte in der Einzelwertung.
Dorothee schaffte das Unglaubliche: Vier Jahre später war sie zu den nächsten Olympischen Spielen in Rio wieder rechtzeitig 'parat'. Ihr Bewegungskünstler Showtime war damals gerade mal zehn Jahre jung, aber mit sehr konstanten Leistungen hat er überzeugt. Das erste Mal knackte 'Doro' im Sattel von 'Showi' die 80-Prozent-Marke – das war im November 2015 in München. Von da an wurde der Sandro Hit-Sohn, der seitdem er vier war bei Schneider im Stall steht, immer souveräner und auch in Rio selbst war er spitze in Grand Prix und Special und konnte entscheidend zu Mannschaftsgold beitragen. Für die Einzelmedaillen in der Kür schien vieles möglich, doch da ging dem noch jungen Pferd ein wenig die Kraft aus.
2017 – das Jahr geht gut los: Mit Sammy Davis jr., dem Sieger des Louisdor-Preis-Finales 2016, wird ein zweites Pferd von Dorothee Schneider in den A-Kader berufen. Schon bei seiner ersten Teilnahme an den Deutschen Meisterschaften sichert sich der elegante Tänzer eine Medaille: Bronze in der Kür. Und Sammy tanzt weiter erfolgreich durchs Viereck – bis zur Europameisterschaft in Göteborg. Dort gehört er mit Dorothee Schneider zum Goldteam.
2018 – die Weltreiterspiele in Tryon und wieder ist Dorothee Schneider mit Sammy Davis jr. dabei. Gold mit der Mannschaft! Nach all seinen Erfolgen wird 'Sammy' im Juni 2019 mit dem 'Vornamen' DSP ausgezeichnet.
2019 – Juni – bei den Deutschen Meisterschaften in Balve gewinnt Schneider DM-Gold im Special auf Showtime, der nach einer Verletzungspause besser denn je zurückgekehrt ist. Das bedeutet das zweite DM-Gold für Dorothee Schneider, das zweite mit Showtime, das erste DM-Gold im Special nach ihrem Kür-Gold im Jahr 2016 Und noch eine Auszeichnung gibt es obendrauf: den Reitmeistertitel!
Sonntagabend, 20.15 Uhr – das ist einer der wenigen Momente, den Doro Schneider und ihr Ehemann Jobst Krumhoff jede Woche fest im Auge haben: Tatortzeit! „Neben meinem Beruf samt Turnierreiterei bleibt nicht viel Freizeit“, erklärt Schneider. „Ich bin superfroh, dass mein Mann mich in allem voll unterstützt und mit mir auf die Turniere fährt, sonst hätten wir kaum Zeit miteinander.“ Aber jedes Jahr steht ein Wochenende Skifahren und zehn Tage Urlaub auf dem Programm. „Dann fahren wir irgendwohin, wo es nicht um Pferde geht“, lacht sie. „Da wollen wir uns die Welt ansehen und rechts und links an den Pferden vorbeigucken.“ So haben sie es auch bei ihrer Hochzeit gemacht – ganz romantisch und fernab von Pferden auf Mauritius.