Foto: Lafrentz

Geb.: 25. Juni 1955
Wohnort: Abbendorf
Funktion: Disziplintrainer Dressur


„Ich habe gelernt, auf den Pferden in mir zu ruhen. Ich lasse mich im Sattel nicht von Emotionen leiten, sondern ich versuche nachzudenken, zu analysieren und die Pferde so gut wie möglich zu verstehen.“

„Im Grunde ist Reiten ein Kopfsport. Talent ist wichtig, aber ich denke, fast noch wichtiger sind die Ernsthaftigkeit und Begeisterungsfähigkeit, mit der man diesen Sport betreibt. Ich glaube, man muss sich dem Reiten verschreiben.“ Jonny Hilberath hat sich verschrieben und hat es nie bereut. „Die Pferde haben mir ein besonderes Leben ermöglicht.“ Dabei wurde er seinerzeit in die Bereiterlehre fast hineingeschubst.…
Hilberaths Familie lebte auf dem Land und für ihn, den kleinen Jonny, gehörten die Arbeitspferde auf dem Feld zum Alltag. Bis er eines Tages einem Mädchen auf seinem Pferd bis zur Reithalle gefolgt ist und gesehen hat, wie dieses Mädchen ihr Pferd reitet. Wie anders als die Arbeitspferde sich dieses Pferd bewegte. Das machte ihn neugierig. Und vom Putzen und Misten helfen übers Trocken-reiten kam er zum Reiten. Am Ende seiner Teeniezeit ritt er einmal pro Woche im Unterricht des damaligen Bereiters von Rosemarie Springer mit. „Und eines Tages fragte der mich plötzlich, ob ich bei Frau Springer ein paar Pferde mit reiten könne, weil er für einige Zeit in Urlaub fährt.“ Aus diesem Urlaub kam der Bereiter nie zurück, er hatte dort eine Frau kennen gelernt. Aber Jonny Hilberath blieb bei Rosemarie Springer und machte seine Bereiterlehre. „In jungen Jahren gibt es ja immer mal Phasen, in denen man sich nicht so sicher ist, ob das richtig ist, was man da tut. Ich hätte mir zum Beispiel auch vorstellen können, etwas mit Architektur zu machen“, erklärt Hilberath. „Aber im Nachhinein kann ich sagen: Ich bin mir sehr sicher, dass die Entscheidung für die Pferde richtig war. Dieser Sport hat mir ein tolles Leben gegeben.“
Die Pferde haben Jonny Hilberath geprägt. „Sie haben mich Disziplin und Demut gelehrt. Sie haben mir viel Freude gegeben. Und ich bin sicher, Pferde wecken viele Eigenschaften, die man als die guten Dinge im Menschen bezeichnet.“
Im ‚normalen Leben’ würde sich Jonny Hilberath nicht als ausgesprochenen Kopfmenschen bezeichnen. Er ist ein Mensch, bei dem sich Vernunft, Verstand und Emotionen die Waage halten, aber beim Reiten analysiert er fast unentwegt. „Gerade bei guten, vielleicht schwierigen Pferden, wie bei meinem Fariano, muss man viel den Kopf benutzen. Sonst klappt das nicht.“ Die Pferde haben ihn auch gelehrt, sehr sorgsam mit seinen Emotionen umzugehen. „Ich habe gelernt, auf den Pferden in mir zu ruhen.“ Vor einem Turnierstart hat er keine Probleme mit Nervosität. Viel schlimmer ist es, wenn einer seiner Schüler ins Viereck reitet. „Diese Hongkong-Geschichte letztes Jahr – also wenn da eines meiner Mädels einritt, hatte ich Herzrasen.“ Dreieinhalb Mädels, rechnet Hilberath auf Nachfrage aus, waren es, die ihn bei den Olympischen Spielen zum ‚Rasen’ brachten. Zum einen die Japanerin Yuko Kitai, die er als Trainer betreute, zum anderen Heike Kemmer, die er vor Ort gecoacht hat, zum ‚halben dritten’ die Bereiterin von Isabell Werth, die Australierin Hayley Beresford. „Isabell hatte mich gebeten, ihr bei der Vorbereitung auf den Grand Prix Spezial zur Seite zu stehen.“ Das waren zweieinhalb. Und dann kam noch die Mexikanerin Bernadette Pujals dazu, deren Trainer Hilberath einige Jahren war und die sich fast aus dem Nichts bei den Weltreiterspielen in Aachen 2006 auf Platz zehn in Spezial und Kür katapultiert hatte. „Das war eine unheimlich emotionale Sache in Aachen“, ist Hilberath noch Jahre später beeindruckt. „Ich wusste, dass das Pferd gut ist. Ich wusste auch, dass die Frau gut reiten konnte. Aber dass die beiden das so auf den Punkt dort abrufen konnten – das hat mich fast geschockt. Ein schöner Schock war das!“
Ein Mann, der für Olympia Reitsportgrößen aus verschiedensten Teilen der Welt trainiert. Ein Mann, der einen Top-Ausbildungsstall mit 36 Boxen im niedersächsischen Abbendorf führt. Ein Mann, der Grand Prix-Siege und -Platzierungen sammelt und 2007 die Bronzemedaille bei den Deutschen Meisterschaften gewonnen hat. Das ist Jonny Hilberath. Und dennoch war er wirklich verwundert: „Als ich gefragt worden bin, ob ich den Job als Disziplintrainer Dressur übernehmen wolle – das war für mich schon eine große Ehre und Freude. Aber ich war auch überrascht. Bis dahin hatte ich das nie so empfunden, dass ich so wahrgenommen werde.“ 2012 übernahm Monica Theodorescu das Amt der Cheftrainerin, seither ist Hilberath der Disziplintrainer an ihrer Seite. Theodorescu und Hilberath arbeiten erstklassig zusammen, ergänzen sich prima und haben mit der deutschen Equipe tolle Erfolge errungen: EM-Gold, WM-Gold und olympisches Gold. Ende 2012 haben beide ihre Verträge mit dem DOKR um weitere vier Jahre verlängert.
Wenn er mit einer Frau ins Restaurant geht, hält Jonny Hilberath die Tür auf. „Höflichkeit und gutes Benehmen machen das Leben angenehmer, finde ich.“ Auf seiner Anlage ist immer alles pikobello. „Böse Zungen behaupten, ich sei pedantisch – das stimmt wohl. Es gibt gewisse Dinge, die ich so oder so haben will und da bin ich auch nicht sehr flexibel.“ Und er ist ein Fan von Helmut Schmidt. „Den finde ich klasse. Das hat gar nichts mit seiner politischen Geschichte zu tun. Aber ich finde dieser Mann hat auch heute noch, wenn er interviewt wird, einen unglaublichen Scharfsinn und Überblick.“ So sehr Jonny Hilberath sich auch den Pferden verschrieben hat, dennoch ist er vielseitig und vielseitig interessiert. „Ich reise zum Beispiel gerne. Ab und zu übers Wochenende gönne ich mir mal eine Städtetour. Und ich glaube, am meisten beeindruckt hat mich Rom. Die Stadt an sich, das Leben dort, die Menschen, dieser Drive und die Hektik – das finde ich faszinierend.“
Im Sattel ein Kopfmensch, als Ausbilder international gefragt, im Leben höflich, reiselustig und ein bisschen pedantisch: Jonny Hilberath.

 

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