Drömmel-Premiere – bei der Europameisterschaft der U25-Dressurreiter (11.-16. Juli in Pilisjaszfalu) gehören sie zum ersten Mal zum Team: Felicitas Hendricks und ihr zwölfjähriger Drombusch, genannt ‚Drömmel‘...
Wie hat die 23-Jährige das geschafft? Wie kann ein Weg ins deutsche EM-Team aussehen? Manchmal muss man auch ein bisschen hineingeschubst werden?
Kim Kreling hat kurz vor ihrer EM-Premiere mit Felicitas Hendricks gesprochen…
• Viele Jahre hast Du daraufhin gearbeitet, jetzt ist es so weit: die EM ruft! Wie fühlt sich das an?
Felicitas Hendricks: Super! Jetzt hat sich die viele viele Arbeit ausgezahlt. Es ist wirklich cool zu wissen, dass auch mal was nach Plan laufen kann (lacht). Das ist häufig nicht so, aber diese Saison war super cool. Ich weiß, dass auch wieder andere Saisons kommen werden, aber ich genieße es jetzt sehr: mein Pferd ist gut drauf und macht das alles mit mir so super. Meine Träume werden gerade wahr.
• Wenn es ‚nicht nach Plan läuft‘ – was genau meinst Du damit?
Felicitas Hendricks: Da kann so Vieles dazwischen kommen. Egal, ob es von einem selbst ausgeht, dass was Privates dazwischen kommt, oder dass das Pferd nicht in Form ist oder man fällt von einem anderen Pferd runter und muss eine Reitpause einlegen – alles mögliche, das habe ich alles schon gehabt. Deswegen ist es einfach cool, dass es diese Saison alles klappt.
• Du bist 23 Jahre und reitest schon von Kindesbeinen an – wie würdest Du den Weg bis ins EM-Team beschreiben?
Felicitas Hendricks: Es war mit Sicherheit mühsam, aber auch immer sehr schön. Ich würde nichts missen wollen, vor allem nicht, den ganzen Weg mit Drombusch gegangen zu sein. Vom Sechsjährigen bis zum Grand Prix-Pferd – das war wirklich ein langer Weg, aber auch ein toller und ich glaube, dass es uns viele Vorteile verschafft, dass wir uns von Anfang an in- und auswendig kennen.
• Wie bist Du an Drombusch gekommen?
Felicitas Hendricks: Mein Onkel und Trainer, Christoph Koschel, hat ihn fünfjährig entdeckt und eigentlich für sich selbst gekauft. Drombusch war zu Beginn wahnsinnig schwierig, aber Christoph hat das Potenzial in ihm gesehen. Das ist absolut die Stärke von Christoph: Junge Pferde zu erkennen und sie bis zur Grand Prix-Reife auszubilden. Ich hatte auch etwas das Glück, dass Drömmel eher ein kleineres Pferd ist und ich da vielleicht von der Größe noch ein bisschen besser draufpasse als Christoph. So konnten wir ihn sechsjährig kaufen.
• Du hast Dich damals direkt in Drombusch verguckt?
Felicitas Hendricks: ‚Jein‘ – ich hatten damals noch mein älteres Pferd Faible und meine Eltern wollten mir gerne ein Nachwuchspferd kaufen. Ein fertiges Grand Prix-Pferd ist meist unbezahlbar und außerdem ist gerade der Weg mit einem Pferd über Jahre bis zum Grand Prix das Tolle. Eines Tages sagte also meine Mutter zu mir: ‚Morgen reitest Du mal probeweise Drombusch‘. Ich war nicht 100-prozentig Feuer und Flamme, das hat ein bisschen gedauert. Drombusch ist insgesamt länger gebaut und war noch nicht so bemuskelt. Er war also nicht der Allerschönste. Ich bin so froh, dass ich damals einfach auf Christoph gehört habe, der gesagt hat: ‚Glaub mir, aus dem wird was‘. Und er hat recht behalten!
• Deine Mutter und Christoph haben Dich also ein bisschen in Dein Glück ‚hineingeschubst‘…
Felicitas Hendricks: Ganz genau!
• War er nicht mehr so schwierig, als Du ihn übernommen hast?
Felicitas Hendricks: Er war nicht mehr lebensgefährlich (lacht). Im Ernst: Drombusch war wirklich ein ‚Buckelschwein‘, aber er war nie böse, er hatte einfach nur eine unglaubliche Energie. Sechs- und siebenjährig konnte er noch seine Phasen haben, aber dann war es vorbei. Ich bin nur einmal von ihm gefallen.
• Was habt Ihr getan, um seine Energie in den Griff zu bekommen?
Felicitas Hendricks: Wir haben ihm Zeit gelassen! Inzwischen kann ich ihn am langen Zügel im Wald reiten, er ist ein totales Verlasspferd geworden, aber trotzdem hat er noch jede Menge Energie. Das ist eine seltene tolle Mischung. Die Energie, das ‚bisschen Wilde‘, möchte man bei einem Grand Prix-Pferd ja gar nicht weg haben, man möchte es nur für sich als Reiter ‚ummünzen‘. Es ist schön, wenn die Pferde so richtig Bock haben. Aber es braucht Zeit. Wenn ich an die ersten Male Handarbeit denke, das war unglaublich. Drömmel hat piaffiert wie eine Nähmaschine. Er hat wirklich im Sekundentakt die Beine so was von schnell hoch und runter bewegt. Irgendwann bin ich fast verzweifelt, weil ich dachte, wir kriegen da nie Ruhe rein. Aber Christoph hat immer gesagt: ‚Einfach Zeit lassen. Nie streiten, nur konstant ruhig weitermachen.“ Und er hatte wieder recht. Irgendwann hat es bei Drombusch klick gemacht.
• Was zeichnet Drombusch auf dem Turnier aus?
Felicitas Hendricks: Er ist ein Showman. Vom ersten Turnierstart an war er immer voll konzentriert im Viereck. Er liebt es, im Ring alles richtig zu machen. Christoph hat mit ihm zehnjährig im Drei-Sterne-Bereich angefangen und ich bin Anfang elfjährig mit ihm den ersten Grand Prix geritten. In dem Jahr, 2022, sind wir auch direkt im Piaff-Förderpreis mitgeritten.
• Drombusch ist ein Showman, und Du?
Felicitas Hendricks: Ich war früher immer mega nervös, aber ich habe zum einen ganz viel Hilfe von der Sportpsychologin Dr. Gaby Bußmann bekommen und zum anderen habe ich mit Drombusch zum ersten Mal ein Pferd, dem ich richtig vertraue. Ich muss keine Angst haben: Piaffiert er heute oder nicht. Das gibt mir extrem viel Sicherheit. Und natürlich Christoph. Auf den Turnieren gibt er mir vor der Prüfung noch mal die letzten Keywords, beispielsweise ‚Denk an Dein Zügelmaß‘ und meistens auch noch ‚Ihr seht gut aus‘ (lacht).
• Am Sonntag geht es los Richtung Pilisjaszfalu – nimmst Du einen speziellen EM-Glücksbringer mit?
Felicitas Hendricks: Ich habe tatsächlich Glücksbringer für meine Team-Mädels, für uns alle vier, vorbereitet, und hoffe, dass die uns allen ganz viel Glück bringen. Aber was das ist, wird noch nicht verraten.
Top-Team: Felicitias Hendricks und 'Drömmel'
Felicitas Hendricks
• hat BWL studiert
• arbeitet zur Zeit im Stall von Christoph Koschel als Bereiterin
• träumt schon von Kindesbeinen an von einer Profikarriere
• ist im Ponyalter bei Nina Kempkens geritten – ‚Das war mega, sie hat super Sitzschulung gemacht.‘
• trainiert seit zehn Jahren bei ihrem Onkel Christoph Koschel